Rückblick: Sylke-Tempel-Fellowship Konferenz 2020

Dialogperspektiven-Projektreferentin und Koordinatorin des jüdisch-muslimischen Thinktanks Karov-Qareeb, Rachel de Boor, moderierte ein Diskussionspanel bei der Sylke-Tempel-Fellowship Konferenz zum Zustand der jüdisch-muslimischen Beziehungen in Israel, den USA und Deutschland.

Wie können und sollen wir jüdisch-muslimische Beziehungen in der Gegenwart analysieren? Welche Unterschiede gibt es in der Dialogarbeit zwischen den USA, Deutschland und Israel? Wie entkommen wir der diskursdominierenden Fixierung auf den beileibe nicht natürlichen Konflikt zwischen Juden und Jüdinnen sowie Musliminnen und Muslimen? Diese und weitere aktuelle Fragen standen am 19. November 2020 im Zentrum der digitalen Diskussionsrunde im Rahmen der Sylke-Tempel-Fellowship Conference mit dem Titel „Israel and Germany in the Year of the US Presidential Election: National Narratives, Identities and Foreign Policy“, organisiert vom deutsch-israelischen Zukunftsforum und unter Schirmherrschaft der Stiftung Atlantik-Brücke.

Unter der Leitung von Dialogperspektiven-Projektreferentin und Karov-Qareeb-Koordinatorin Rachel de Boor diskutierten Beyza Arslan und Ahmad Mansour über die Notwendigkeit der inter-personellen Begegnung von Jüdinnen*Juden sowie und Muslim*innen im alltäglichen Rahmen. Mit einem solchen Ansatz könne die der Thematik oft inhärente politische Aufladung zunächst de-zentriert und Vertrauen geschaffen werden, welche wiederum die unabdingbare Grundlage für einen respektvolle Auseinandersetzung, auch mit schwierigen und konfliktbehafteten Themen, sei.

Während Arslan die Ergebnisse ihrer Recherche zu jüdisch-muslimischen Dialog- und Begegnungsprogrammen in den USA, Israel und Deutschland vorstellte und in diesem Zusammenhang von einer grundsätzlich positiven Entwicklung der wachsenden jüdisch-muslimischen Zusammenarbeit sprach, unterstrich Mansour mit einer persönlichen Anekdote aus seinen Jugendjahren als palästinensischer Israeli die Notwendigkeit einer Loslösung von einem monokausalen Zugehörigkeitsverständnis: sobald man bereit sei, Menschen als Menschen zu betrachten und nicht vorranging als „Juden„, Muslime“ oder „Israelis“ öffne man sich der Möglichkeit, sich mit diesen Menschen auf alltäglicher Ebene zu verstehen. Daher sei es, so waren sich alle Gesprächsteilnehmer*innen einig, in der Jugend- und Erwachsenenbildung zu diesem Thema wichtig, zunächst die alltäglichen Themen in den Mittelpunkt zu stellen, um den sich daraus ergebenden Gesprächen eine möglichst große Offenheit zu ermöglichen. Schließlich könne man nur mit einer solchen organischen Gesprächsführung in Workshops auch auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden eingehen.

Zum Abschluss des Gespräches ging es um gemeinsame Formen der Erinnerung als Vehikel, um gegenseitige sogenannte ‚Opferkonkurrenzen‘ zu überwinden. In diesem Zusammenhang berichtete Ahmad Mansour von seiner Initiative für einen neuen deutschen Gedenktag zur Erinnerung an alle Opfer von Krieg, Gewalt, Terrorismus und politischem Extremismus und nannte dabei den israelischen Gedenktat Yom Ha-Zikaron als sein Vorbild. Für weitere Debatten zu diesem spannenden Ansatz war die Diskussionszeit leider zu kurz, doch lassen sich auf dieser Basis sicherlich weitere spannende Überlegungen anstellen und Debatten führen. Wir freuen uns darauf!